Das Kürzel EMDR steht für "Eye Movement Desensitization and Reprocessing". Diese psychotherapeutische Methode wurde ab 1987 von der Dr. Francine Shapiro in Kalifornien
entwickelt.
Ursprünglich getestet und entwickelt für die effiziente Bearbeitung von traumatischen Erlebnissen, hat es inzwischen eine Vielzahl von Anwendungen erfahren - insbesondere in der effizienten
Behandlung von Angst- und Selbstwertstörungen, Panikattacken, Phobien und Leistungsblockaden.
Die Wirksamkeit von EMDR ist durch eine höhere Anzahl von Publikationen wissenschaftlich nachgewiesen worden als irgendeine andere klinische Behandlungsform für psychische Traumata.
Charakteristisch für die Therapie sind die Augenbewegungs-Sets.
Wie in der REM-Phase im Traumschlaf bewegen sich die Augen, die durch Handbewegungen der TherapeutIn "geführt" werden, schnell hin und her. Die Therapie funktioniert auch mit zweiseitigen
akustischen oder taktile Stimulationen (Klopfen).
EMDR kann sowohl in laufende Therapien integriert werden, als auch in einigen Sitzungen die psychisch belastenden Folgen von traumatischen Erlebnissen beseitigen.
Die Ausbildung zum/zur EMDR-TherapeutIn (EMDR-BehandlerIn) in Österreich wird von den internationalen EMDR-Verbänden EMDREA (EMDR-Association Europe, www.emdr-europe.org) und EMDRIA (EMDR International Association, www.emdria.org) ausschließlich dann anerkannt, wenn sämtliche Ausbildungsschritte bei von diesen Fachgesellschaften akkreditierten TrainerInnen (in Österreich Mag. Eva Münker-Kramer vom EMDR - Institut Austria und Mag. Romana Tripolt von AT) absolviert wurden.
EMDR erklärt an einem Fallbeispiel
Es ist Mittwoch Nachmittag. Susanne M. steht hinter dem Bankschalter und bedient die Kunden. Plötzlich blickt sie in die Mündung einer Pistole, die ihr in dem Moment riesengroß erscheint.
Mechanisch erfüllt sie die Forderungen des Bankräubers. Alles andere, das rund um sie abläuft, blendet sie aus. Nachdem der Räuber die Bank verlassen hat, bricht sie zusammen.
Noch Monate danach leidet sie unter Albträumen und stetiger innerer Unruhe. Bei dem Gedanken, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, bekommt sie Schweißausbrüche und Herzrasen.
Normalerweise werden auch sehr belastende Erlebnisse nach und nach verarbeitet und schließlich in die eigene Lebensgeschichte integriert. Bleibt jedoch die biologische Notfallreaktion bestehen
und chronifiziert sich, spricht man von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Kennzeichnend dafür ist, dass einzelne Elemente der traumatischen Situation (Bilder, Gerüche, Gefühle
usw.) abgespalten werden, wie Puzzleteile auseinanderfallen und scheinbar ohne Verbindung zum ursprünglichen Geschehen unerwartet heftige Reaktionen auslösen.
(Dieses Fallbeispiel wurde uns dankenswerter Weise von unseren Netzwerkpartnern Petra Karner und Martina Weissenböck zur Verfügung gestellt.)
EMDR zu erklären, ist einfach ...
Bei ca. 20% der von einem Trauma Betroffenen ist der natürliche Verarbeitungsprozess blockiert und es treten wie bei Susanne M. die Symptome einer PTBS auf. Bei diesen Personen kann durch eine
Traumatherapie mit EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) die blockierte Informationsverarbeitung wieder in Fluss gebracht werden.
Der Kern des EMDR-Prozesses besteht in einer Links-rechts-Stimulation (visuell, akustisch oder taktil), die beabsichtigt, die Kommunikation der beiden Gehirnhälften anzuregen. Durch die
gleichzeitige Konzentration der Klientin auf das innere Erleben und den äußeren Reiz wird sie im Hier-und-Jetzt gehalten und es wird verhindert, dass sie in den Traumasog hineingezogen und damit
retraumatisiert wird.
Um den Ablauf zu verdeutlichen, können Sie sich folgende Metapher vorstellen: Sie sitzen im Zug und lassen die Landschaft an sich vorbeiziehen. Sie beobachten aus einer sicheren Position, was
auftaucht. Dabei können Sie an jedem Punkt entscheiden, ob Sie die Notbremse ziehen, an der nächsten Station aussteigen oder bis zum Zielbahnhof weiterfahren.
Durch diese Haltung wird der Klientin ermöglicht, sich auf ihren inneren Prozess einzulassen, ohne von belastenden Gefühlen überschwemmt zu werden.
EMDR stellt eines der meist untersuchten Verfahren zur Behandlung von psychischen Traumata dar. Es wurde 1987 von Dr. Francine Shapiro als eine
neue, zeitökonomische psychotherapeutische Technik entwickelt, um PTBS zu behandeln.
Zunächst wurde es wirksam in der Behandlung von Vietnam-Veteranen eingesetzt, die zum Teil schon jahrelang erfolglos in Behandlung waren. Mittlerweile wird es erfolgreich in der Behandlung von
Erwachsenen und Kindern nach sexuellem, körperlichem oder emotionalem Missbrauch, bei Angst- und Selbstwertstörungen, aber auch bei psychosomatischen Symptomen sowie im Coaching eingesetzt.
Aus einer groß angelegten Studie von Van Etten und Taylor (1998) geht hervor, dass sich EMDR durch hohe Wirksamkeit bei geringen Abbrecherquoten auszeichnet. EMDR wird von der
Veterans Administration mittlerweile als Methode der Wahl zur Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen empfohlen (F. Lamprecht u.a., Psychotherapie im Dialog 1/2000) und
von der American Psychological Association als effektiv anerkannt.
EMDR durchzuführen, braucht Training ...
Obwohl EMDR einen eigenständigen Ansatz mit klaren Strukturen darstellt, ist zu betonen, dass die Behandlung mit EMDR in eine therapeutische Begleitung eingebettet werden muss.
Im Laufe der therapeutischen Begleitung von Susanne M. wurden genug Ressourcen aufgebaut, sodass sie bereit war, sich mit dem traumatischen Erlebnis auseinanderzusetzen.
Während des inneren Prozesses, der durch die geführten Augenbewegungen in Gang kam, konnte sie alle Puzzleteile, wie Erinnerungen, Gedanken, Bilder, Gefühle und Körperempfindungen wahrnehmen,
verändern und integrieren. Beispielsweise erinnerte sie sich nun auch an das Gesicht des Bankräubers und die Reaktion ihrer Kollegin, während die Pistolenmündung auf eine realistische Größe
schrumpfte und ihr Blick nicht mehr starr darauf fixiert war.
Allgemeine Kennzeichen einer gelungenen Verarbeitung sind:
Das Ereignis erscheint in weiterer Distanz, die Bilder haben sich verändert und lösen keine belastenden Gefühle mehr aus. Das Ereignis kann ins Selbstbild und in die eigene Lebensgeschichte
integriert werden. Durch das Trauma entstandene dysfunktionale Überzeugungen werden durch funktionale ersetzt. Kreative Ideen und Lösungsmöglichkeiten tauchen auf. Susanne M. konnte nach 7
Sitzungen ihre Arbeit in der Bank wieder aufnehmen. Die Albträume sowie die innere Unruhe verschwanden.
(Dieser Text wurde uns dankenswerter Weise von unserem Netzwerkpartner OLIVER SCHUBBE zur Verfügung gestellt)